kymrische Sprache und Literatur

kymrische Sprache und Literatur
kỵmrische Sprache und Literatur,
 
walisische Sprache und Literatur. Sprachgeschichtlich unterscheidet man (nach der Ausgliederung aus dem Westbritischen) Urkymrisch (seit Ende des 6. Jahrhunderts), Mittelkymrisch (seit der 2. Hälfte des 12. Jahrhunderts) und Neukymrisch (seit dem 14./15. Jahrhundert). Zwischen der heutigen Schrift- und Kirchensprache und den gesprochenen Dialekten bestehen große Unterschiede. Das Kymrische gehört zu den britannischen Sprachen. Typologische Charakteristika sind u. a. der Verlust nominaler Flexionsendungen in vorliterarischer Zeit und Bezeichnung von Kasusbeziehungen durch präpositionale Fügungen sowie durch die Wortstellung.
 
Literatur in kymrischer Sprache ist aus fast 1 300 Jahren erhalten, die ältesten Zeugnisse v. a. in fünf (aus späterer Zeit stammenden) Handschriften: »The black book of Carmarthen« (um 1200), »The book of Aneirin« (um 1250), »The book of Taliesin« (um 1275), »The red book of Hergest« (um 1400) und »The white book of Rhydderch« (um 1300/25). Von den vier Dichtern, denen diese Handschriften traditionell zugeschrieben werden, sind nur Aneirin und Taliesin (6./7. Jahrhundert) historisch bezeugt.
 
Die Zeit der bardischen Hofdichtung setzte um 1100 ein; im Dienste der Landesfürsten wurden v. a. (zur Instrumentalbegleitung vorgetragene) Lob- und Klagelieder verfasst. Die bedeutendsten Zeugnisse der kymrischen Prosa dieser Epoche sind die Gesetzeskodifikationen des Hywel Dda (1. Hälfte des 10. Jahrhunderts) und die Sammlung Mabinogion (11.-13. Jahrhundert).
 
Zum Wegbereiter der modernen kymrischen Poesie wurde Dafydd Ap Gwilym (14. Jahrhundert). Die im Zusammenhang mit Reformation und Gegenreformation entstandene religiöse Prosa und besonders die Übersetzung der Bibel ins Kymrische (1588) durch William Morgan (* um 1545, ✝ 1604) schufen die sprachlichen Grundlagen für eine moderne Prosa. Die Pflege der Bardendichtung fand nach der von den Engländern geförderten Emigration des walisischen Adels nach England und der Unterdrückung der kymrischen Sprache (17. Jahrhundert) ein Ende.
 
Erst um die Mitte des 18. Jahrhunderts setzte wieder eine Erneuerungsbewegung innerhalb der kymrischen Literatur ein. Der Traditionalist Goronwy Owen (* 1723, ✝ 1769) knüpfte an die klassische Bardendichtung an. Die Prosa erlebte u. a. in den politischen Schriften von Samuel Roberts (* 1800, ✝ 1885) und in den Werken des mit C. Dickens vergleichbaren D. Owen einen neuen Aufschwung. Im Zusammenhang mit der Gründung der Universität von Wales (1893) begann ein weiterer Abschnitt der kymrischen Literatur, in dessen Rahmen alle literarischen Gattungen neue Impulse erfuhren. Als Lyriker traten u. a. Thomas Gwynn Jones (* 1871, ✝ 1949), W. J. Gruffydd und Robert Williams Parry (* 1884, ✝ 1956), als Prosaschriftsteller u. a. Tegla Davies (* 1880, ✝ 1967), T. Rowland Hughes (* 1903, ✝ 1949) und Kate Roberts (* 1891, ✝ 1985), als Dramatiker David Ivor Davies (* 1893, ✝ 1951), Saunders Lewis (* 1893, ✝ 1985) und Gwilym Richard Jones (* 1903) hervor.
 
Vor dem stets präsenten Hintergrund von Wales hat sich die gegenwärtige Literatur auch Themen zugewandt, die über Wales hinausgreifen und den Zustand der menschlichen Gesellschaft kritisch beschreiben.
 
 
J. Morris-Jones: An elementary Welsh grammar (Oxford 1913, Nachdr. ebd. 1955);
 
Geiriadur Prifysgol Cymru. A dictionary of the Welsh language, auf mehrere Bde. ber. (Caerdydd 1950 ff.);
 T. Parry: A history of Welsh literature (a. d. Walis., Oxford 1955);
 H. M. Evans u. W. O. Thomas: Y geiriadur mawr. The complete welsh-english english-welsh dictionary (Llandybïe 151989);
 H. Lewis: Die kymr. Sprache. Grundzüge ihrer geschichtl. Entwicklung, bearb. v. W. Meid (a. d. Kymr., Innsbruck 1989);
 M. Stephens: The Oxford companion to the literature of Wales (Neudr. Oxford 1990).

Universal-Lexikon. 2012.

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